Factoring
Factoring Definition
Beim Factoring verkauft ein Unternehmen (Factoringnehmer) seine Forderungen (i.d.R. seine Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bzw. Kundenforderungen) an ein Factoringunternehmen (Factor).
Dadurch erhält das Unternehmen sein Geld früher (Finanzierungseffekt), als wenn es abwarten würde, bis die Kunden ihre Rechnungen bezahlen.
Beispiel Factoring
Das Unternehmen liefert am 1. März Waren im Wert von 1.000 € an einen Kunden. Die am 1. März ausgestellte Rechnung räumt dem Kunden ein Zahlungsziel von 2 Wochen ein. Um das Geld schneller zu erhalten, verkauft das Unternehmen die Forderung am 1. März an ein Factoringunternehmen.
Üblicherweise erfolgt der Forderungsverkauf nicht einmalig, es handelt sich vielmehr um eine fortlaufende Finanzierungsmöglichkeit, mittels derer Forderungen in liquide Mittel transferiert werden.
Factoring fällt – wie z.B. auch Leasing – unter die sogenannten Kreditsubstitute, die an Stelle eines herkömmlichen Kredits als Finanzierungsmöglichkeit genutzt werden können.
Bzgl. der Factoringarten unterscheidet man:
- echtes vs. unechtes Factoring;
- Full Service vs. Inhouse Factoring;
- offenes vs. stilles Factoring.
Alternative Begriffe: Factoring-Finanzierung, Faktoring, Forderungsfinanzierung, Forderungsverkauf.
Funktionen des Factoringinstituts
Das Factoringunternehmen kann dabei unterschiedliche Funktionen übernehmen:
Finanzierungsfunktion
Im Vordergrund steht i.d.R. die Finanzierungsfunktion: das Factoringinstitut bezahlt die Forderungen, die im üblichen Geschäftsverkehr erst innerhalb der den Kunden eingeräumten Zahlungsfristen eingehen würden, bei Ankauf sofort. D.h., das Unternehmen erhält die entsprechende Liquidität früher (Vorfinanzierung).
Wird auf diese Vorfinanzierungsfunktion verzichtet (d.h. die Forderungen werden erst bei Fälligkeit durch den Factor bezahlt), spricht man von Fälligkeitsfactoring.
Delkrederefunktion: echtes vs. unechtes Factoring
Echtes Factoring
Übernimmt der Factor das Delkredererisiko (Bonitätsrisiko), d.h. das Risiko des Forderungsausfalls, spricht man auch von echtem Factoring.
Unechtes Factoring
Wird die Delkrederefunktion nicht übernommen– d.h., haftet der Forderungsverkäufer dafür, dass die Kundenforderungen bezahlt werden –, liegt unechtes Factoring vor.
Sowohl beim echten als auch beim unechten Factoring verbleibt das sog. Veritätsrisiko i.d.R. bei dem die Forderungen verkaufenden Unternehmen. Das Veritätsrisiko besteht darin, dass die Forderung rechtlich gar nicht besteht (z.B. weil versehentlich gar keine Lieferung an den Kunden des Unternehmens erfolgt ist oder die Ware beschädigt war).
Dienstleistungsfunktion: Inhouse Factoring vs. Full Service Factoring
Darüber hinaus kann das Factoringinstitut die Debitorenbuchhaltung, das Inkasso (Forderungseinzug und Forderungsbeitreibung) sowie das Mahnwesen übernehmen. Je nach Umfang der Leistungen spricht man auch von Full-Service-Factoring. Werden diese Verwaltungsaufgaben hingegen weiterhin vom Unternehmen durchgeführt, spricht man von Inhouse Factoring.
Offenlegung: Offenes und stilles Factoring
Man unterscheidet weiterhin
- offenes Factoring, bei dem die Kunden des Unternehmens (deren Forderungen an das Factoring-Institut verkauft wurden) über die Forderungsabtretung informiert sind und entsprechend ihre offenen Rechnungen an das Factoringinstitut bezahlen sowie
- stilles Factoring, bei dem die Kunden an das Unternehmen zahlen und das Unternehmen leitet die für die verkauften Forderungen vereinnahmten Gelder an das Factoringinstitut weiter.
Kosten, Vorteile und Nachteile
Factoring Kosten
Die Vergütung für das Factoringinstitut hängt von der Ausgestaltung bzw. dem Umfang des Factoring ab (z.B. Fullservice, Übernahme des Forderungsausfallrisikos etc.).
Die Kosten umfassen somit ggf. Zinsen sowie die Factoring-Gebühr für die Übernahme des Ausfallrisikos (Delkrederegebühr) und der Serviceleistungen (Servicegebühr).
Die Factoring-Kosten sind stark von den Umständen im Einzelfall (Ausfallrisiko der Kundenforderungen, Vorfinanzierungszeitraum, etc.) abhängig, durchschnittliche Factoring-Kosten liegen in einer Bandbreite zwischen 0,5 % und 2,5 % des Factoring-Umsatzes, d.h. der verkauften Forderungen.
Factoring Vorteile
Das Factoring verbessert die Liquidität. Die Liquidität kann genutzt werden, um
- Schulden zu tilgen (dadurch steigt die Eigenkapitalquote) oder um
- Skonto bei Lieferantenrechnungen ziehen zu können.
Zudem fällt ggf. das Ausfallrisiko für die Forderungen und die Arbeit (Mahnwesen etc.) weg.
Factoring Nachteile
Neben u.U. hohen Kosten kann der Verkauf von Forderungen ggf. von Seiten der Kunden negativ bewertet werden. Darüber hinaus ist Factoring nicht für jede Branche und auch nicht für jeden Kunden bzw. jede Kundengruppe (Bonität gegeben?) geeignet bzw. verfügbar.
Factoring Beispiel
Beispiel: Factoringkosten berechnen
Die Müller GmbH zieht ein Full-Service-Factoring in dem Sinne, dass neben der Finanzierung auch die Debitorenbuchhaltung sowie das Ausfallrisiko von dem Factoring-Institut übernommen werden sollen, in Betracht.
Das Angebot eines Factoring-Instituts sieht folgenden Konditionen vor:
Dienstleistungsgebühr Debitorenbuchhaltung und Mahnwesen | 1 % vom Umsatz |
Delkrederegebühr zur Abdeckung möglicher Forderungsausfälle | 1 % vom Umsatz |
Zinssatz für Finanzierung | 1,5 % des Kreditbetrags |
Sperrbetrag zur Kompensation von Rechnungskürzungen (z.B. Rabatte, Skonti und Mängelrügen) | 10 % vom Umsatz |
Für die Müller GmbH liegen folgende Daten vor:
Monatlicher Umsatz | 1 Mio. Euro |
Durchschnittlicher Forderungsausfall | 0,5 % vom Umsatz |
Monatliche Kosten der Debitorenbuchhaltung und des Mahnwesens | 20.000 Euro |
Finanzierung des Unternehmens im Wesentlichen durch Bankkredite mit einem Zinssatz von 6 % p.a. |
Das Management der Müller GmbH stellt sich die Frage, ob sich Factoring im vorliegenden Fall „rechnet“ (unter der Annahme, dass die Bankkredite aufgrund des Factoring reduziert werden können).
Berechnung:
Die monatlichen Factoringkosten setzen sich wie folgt zusammen:
Dienstleistungsgebühr (1 % von 1 Mio. Euro) | 10.000 Euro |
Delkrederegebühr (1 % von 1 Mio. Euro) | 10.000 Euro |
Zinsen (1,5 % von 900.000 Euro (= 1 Mio. Euro - Sperrbetrag von 10 %)) | 13.500 Euro |
Summe | 33.500 Euro |
Dem stehen als monatliche Kosteneinsparungen gegenüber:
Wegfall der Debitorenbuchhaltungs- und Mahnkosten | 20.000 Euro |
Wegfall der Forderungsausfälle (0,5 % von 1 Mio. Euro) | 5.000 Euro |
Reduktion der Zinsen (6 % von 900.000 / 12 Monate) | 4.500 Euro |
Summe | 29.500 Euro |
Im obigen Beispiel übersteigen die monatlichen Factoringkosten die monatlichen Einsparungen, so dass das Factoring hier nicht empfehlenswert wäre. Sofern das Unternehmen aber nicht nur den relativ günstigen Bankkredit reduzieren könnte, sondern bisher in Anspruch genommene teure Kontokorrentkredite oder Lieferantenkredite (d.h. Skontomöglichkeiten wurden bisher nicht genutzt), sähe die Rechnung u.U. anders aus.
Der vom Factoringinstitut nicht ausgezahlte Sperrbetrag wird ausbezahlt (oder mit offenen Gebührenforderungen des Factors verrechnet), sobald der Debitor die Rechnung bezahlt hat.