Inventur

Inventur Definition

Eine Inventur ist die körperliche Bestandsaufnahme, anhand derer das Inventar als Grundlage für die Bilanz erstellt wird.

Beispiel: körperliche Inventur

Die Inventur erfolgt bei einem Baumarkt zum Bilanzstichtag 31. Dezember z. B. durch Zählen (Rasenmäher), Wiegen (Schrauben) und Messen (Rollrasen) — und ggf. auch durch Schätzen (z.B. Pegelstand bei Schüttgut wie Splitt, Sand, Kies).

Es ist oft schwierig, Silvester (Bilanzstichtag) eine komplette Inventur durchzuführen; das HGB sieht in § 241 HGB Inventurvereinfachungsverfahren (zeitnahe Inventur, verlege Inventur, permanente Inventur, Stichprobeninventur) für die Inventur vor, die es dem Kaufmann erlauben, zwischen verschiedenen Inventurarten zu wählen.

Für wertvolle Bestände (z.B. Gold bei einem Hersteller von Luxusuhren) und Bestände mit unkontrollierbarem Schwund (z.B. durch Verderb) werden die Inventurvereinfachungsverfahren jedoch nicht als zulässig erachtet (vgl. HFA 1/1990).

Neben die körperliche Inventur tritt die Buchinventur für die Vermögenswerte und Schulden, die nicht gezählt werden können, z.B. Bankguthaben, Kundenforderungen, Lieferverbindlichkeiten, Bankschulden.

Bei der Buchinventur erfolgt die Bestandsaufnahme anhand von Belegen (z.B. Kontoauszüge, Bankbestätigungen, Offene-Posten-Listen bzw. Rechnungslisten, Saldenbestätigungen, Grundbuchauszüge, Verträge).

Alternative Begriffe: Bestandsaufnahme, Inventuraufnahme, Jahresinventur.

Inventurarten / Inventurverfahren

Stichtagsinventur / zeitnahe Inventur

Die Stichtagsinventur ist die Bestandsaufnahme am bzw. um den Bilanzstichtag (z.B. Inventur vom 28. bis 31. Dezember).

Eine körperliche Bestandsaufnahme innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag wird ebenfalls als zulässig erachtet, sofern die mengen- und wertmäßigen Bestandsveränderungen bis bzw. vom Bilanzstichtag mittels Belegen nachvollzogen bzw. nachgewiesen werden können — man bezeichnet dies als zeitnahe Inventur oder ausgeweitete Stichtagsinventur.

Inventur — wie oft?

Gesetzlich genügt eine Inventur im Jahr. Viele Unternehmen machen aber freiwillig monatlich oder wöchentlich Inventur.

Ein Grund dafür ist, dass das Unternehmen verlässlich sein will: wenn dem Kunden per Auftragsbestätigung 100 Stück zugesichert wurden (und laut Lagerbuchhaltung auch vorhanden sind), ist es schlecht, wenn sich bei der Kommissionierung der Ware herausstellt, dass lediglich 90 Stück tatsächlich vorhanden sind.

Auch bei wertvollen Vorräten (Gold, Edelsteine, Laptops, Smartphones) empfiehlt sich ein häufigere Inventur.

Verlegte Inventur

Die verlegte Inventur nach § 241 Abs. 3 HGB kann

  • innerhalb der letzten 3 Monate vor dem Bilanzstichtag (i.d.R. also in den Monaten Oktober bis Dezember des Geschäftsjahrs) als vorverlegte Inventur oder
  • innerhalb der ersten beiden Monate nach dem Bilanzstichtag als nachgelagerte Inventur (i.d.R. Januar und Februar des Folgejahrs)

durchgeführt werden.

Voraussetzung ist, dass durch ein den GoB entsprechendes Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahren die Bewertung zum Bilanzstichtag korrekt erfolgen kann (§ 241 Abs. 3 Nr. 2 HGB); eine wertmäßige (d.h. nicht mengenmäßige) Fortschreibung ist ausreichend.

Permanente Inventur

Bei der permanenten Inventur muss jeder Artikel (z.B. Rasenmäher Typ A) zumindest einmal im Jahr erfasst (gezählt, gewogen, gemessen) werden.

Der Zeitpunkt kann beliebig gewählt werden, z.B. "wenn wenig los ist".

Voraussetzung für die vereinfachten Inventuren ist ein entsprechendes System (Materialwirtschaft, Lagerbestandsverwaltung), das eine Rückrechnung bzw. Fortschreibung des Lagerbestands gewährleistet.

Wird z.B. am 20. Oktober ein Artikel mit 20 Stück gezählt und fanden danach bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember laut Lagerverwaltungsprogramm 5 Zugänge und 10 Abgänge statt, ist der Bestand zum Bilanzstichtag 15 Stück.

Letztlich wird durch die permanente Inventur zu verschiedenen Zeitpunkten überprüft, ob das System der Lagerbuchführung funktioniert.

Stichprobeninventur

Neben den bisher vorgestellten Inventurarten der Vollinventur erlaubt § 241 Abs. 1 HGB auch die Stichprobeninventur, bei der der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden aufgrund von Stichproben ermittelt werden kann.

Inventurdifferenzen

Treten Inventurdifferenzen auf – Beispiel: es wurden 90 Stück gezählt, laut Lagerbuchführung sollten aber 100 Stück auf Lager sein – müssen die Buchbestände angepasst werden, so dass im Inventar bzw. in der Bilanz das Vermögen richtig ausgewiesen ist.

Die Inventurdifferenzen werden als Bestandsveränderung bzw. Materialeinsatz verbucht und mindern den Jahresüberschuss.

Gründe für Inventurdifferenzen

Bei größeren Inventurdifferenzen forscht das Unternehmen nach, woher die Differenzen kommen könnten; z.B.:

  • Diebstahl;
  • falsche Kommissionierung (z.B. Kunden haben mehr Ware erhalten als laut Lieferschein vorgesehen);
  • schlampige Lagerbuchführung (Abgänge, Zugänge nicht oder nicht richtig eingetragen).