Drohverlustrückstellung
Definition
Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden.
Bei den schwebenden Geschäften kann es sich zum Beispiel um Mietverträge, Arbeitsverträge oder offene Aufträge handeln.
Steuerlich ist die Bildung von Drohverlustrückstellungen nicht zulässig (§ 5 Abs. 4a EStG), so dass Handelsbilanz und Steuerbilanz in dem Fall voneinander abweichen.
Grundidee
Üblicherweise stehen sich bei schwebenden Geschäften Leistung und Gegenleistung ausgewogen gegenüber.
Beispiel Mietvertrag: ein Unternehmen mietet Geschäftsräume an und zahlt dafür Miete; zu einer Bilanzierung kommt es nicht (außer, das Unternehmen wäre die Miete schuldig geblieben: dann wäre eine Verbindlichkeit zu buchen).
Ist dieses ausgewogene Verhältnis jedoch nicht mehr gegeben, drohen Verluste, die zu einer Rückstellung führen.
Kann zum Beispiel ein Seminaranbieter angemietete Schulungsräume nicht mehr nutzen, da die Nachfrage nach Kursen zurückgegangen ist, muss aber weiterhin aufgrund eines mehrjährigen Mietvertrags Miete bezahlen, ist dafür eine Drohverlustrückstellung zu bilden (die Verluste werden "vorweggenommen").
Beispiel
Der genannte Seminaranbieter stellt zum Jahresende 01 fest, dass er die Hälfte der laut Mietvertrag bis zum 31. Dezember 02 angemieteten Seminarräume in 02 aufgrund der gesunkenen Nachfrage nicht mehr wird nutzen können.
Die monatliche Miete für alle Räume beträgt 10.000 € (netto), anteilig für die nicht mehr nutzbaren Räume 5.000 € (netto).
Zum 31. Dezember 01 wird eine Drohverlustrückstellung in Höhe von 60.000 € (12 Monate in 02 × 5.000 €) eingebucht.
Würde sich der Mietvertrag noch über mehrere Jahre erstrecken (zum Beispiel die Jahre 02 bis 04), wären die Mietzahlungen für diese 3 Jahre einzubeziehen; die Zahlungen für die Jahre 03 und 04 wären allerdings nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB abzuzinsen, da die Restlaufzeit mehr als ein Jahr ist.
Steuerrecht
Nach § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG gilt steuerlich: "Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden." (Eine Ausnahme gilt nach § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG für Bewertungseinheiten.)
In der Steuerbilanz zum 31. Dezember 01 steht somit keine Drohverlustrückstellung, der Gewinn ist in der Steuerbilanz um 60.000 € höher als in der Handelsbilanz.
Im Jahr 02 laufen dann die tatsächlichen Verluste handelsbilanziell gegen die Rückstellung, steuerlich fallen sie erst in diesem Jahr an.
Der Gewinn ist im Jahr 02 in der Steuerbilanz um 60.000 € niedriger als in der Handelsbilanz.
Weitere Beispiele
Drohverlustrückstellungen sind zum Beispiel auch für folgende Fälle zu bilden:
- ein Geschäftsführer wird von der Arbeit freigestellt, erhält aber weiterhin bis zum Ablauf seines Vertrages sein Gehalt gezahlt;
- die Kosten eines Kundenauftrags stellen sich aufgrund von Kostenüberschreitungen als höher als die mit dem Kunden vereinbarten Erlöse heraus; der Auftrag ist verlustträchtig.