Fertigungstiefe

Fertigungstiefe Definition

Eine hohe Fertigungstiefe bei Produktionsunternehmen bedeutet, dass ein Großteil der für das Endprodukt (zum Beispiel ein Auto) benötigten Teile (Motoren, Getriebe, Autositze) vom Unternehmen selbst hergestellt wird; umgekehrt bedeutet eine geringe Fertigungstiefe, dass viel zugekauft wird.

Die Fertigungstiefe wird oft in Prozent ausgedrückt. So wäre eine Fertigungstiefe von zum Beispiel 15 % gering und eine von 80 % sehr hoch. 100 % sind fast nicht möglich, dazu müsste ein Autohersteller Eisenerz für die Karosserien selbst abbauen oder Kautschukplantagen für die Reifen betreiben. Ein Vergleich der Fertigungstiefen ist wie immer nur innerhalb der Branche sinnvoll.

2 Praxisbeispiele:

  • Hersteller von Luxusuhren haben in der Regel eine sehr hohe Fertigungstiefe von mehr als 90 %;
  • Systemgastronomie hat oft eine geringe Fertigungstiefe (Pommes, Burger-Patties, Ketchup, Limonaden und so weiter werden zugekauft).

Alternative Begriffe: Produktionstiefe.

Beispiel

Beispiel: Fertigungstiefe berechnen

Ein Autobauer hat für einen Kleinwagen Herstellungskosten von 10.000 Euro.

Der Autobauer stellt alle Teile selbst her mit Ausnahme von

  • Getriebe (Bezugskosten 1.500 Euro) und
  • Reifen (Bezugskosten 500 Euro).

Formel

Die Fertigungstiefe kann mit folgender Formel berechnet werden:

Fertigungstiefe = Herstellungskosten der eigengefertigten Teile / Gesamtherstellungskosten

Fertigungstiefe = (10.000 Euro - 1.500 Euro - 500 Euro) / 10.000 Euro = 8.000 Euro / 10.000 Euro = 0,8 = 80 %.

Die Fertigungstiefe des Autobauers ist ziemlich hoch ( er macht ja auch alles andere selbst: Karosserie, Motor, Elektrik, Antrieb …).

Alternative Berechnung

Alternativ könnte die Fertigungstiefe nicht über den Wert, sondern über die Anzahl der Fertigungsschritte berechnet werden.

Wenn das Unternehmen dann beispielsweise bei 100 Produktionsschritten (Karosserieteile stanzen, Karosserieteile lackieren, Außenspiegel montieren …) 70 selbst machen würde, wäre die Fertigungstiefe 70 %.

Vor- und Nachteile

Eine hohe Fertigungstiefe hat Vorteile:

  • das Unternehmen behält die unmittelbare Kontrolle über die Fertigungsprozesse und auch das Know-How und kann die Prozesse und die Qualität entsprechend optimieren;
  • geringere Abhängigkeit von Zulieferern.

... und Nachteile:

  • Verzicht auf Economies of Scale (Größenvorteile durch hohe Stückzahlen, die ein spezialisierter Lieferant hat);
  • weniger flexibel: die eigene Produktion bei veränderter Marktnachfrage oder in schlechten Zeiten anzupassen oder herunterzufahren ist nicht so einfach wie Bestellungen zu reduzieren (wohin mit den Fabriken, Mitarbeitern und so weiter?).

Bedeutung, Folgen, Änderungen

Eine hohe Fertigungstiefe führt zu einem hohen Investitions- und Kapitalbedarf und einer großen Belegschaft.

Mit einer geringeren Fertigungstiefe ist dafür ein höherer Aufwand für Beschaffung, Lieferantenmanagement und Logistik verbunden.

Die Fertigungstiefe eines Unternehmens muss natürlich über die Jahre nicht fix sein.

Schlagwörter wie Outsourcing oder Just-in-Time sind mit einer Verringerung der Fertigungstiefe verbunden, Insourcing oder Vertikale Integration hingegen mit einer Erhöhung der Fertigungstiefe.

Das Unternehmen entscheidet über seine Fertigungstiefe strategisch bzw. von Zeit zu Zeit anhand mehrerer Faktoren bzw. Fragen:

  • Was ist das Kern-Know-How des Unternehmens, das nicht aus dem Haus gegeben werden soll?
  • Ist ein Fremdbezug überhaupt (in der geforderten Qualität und Zuverlässigkeit) möglich?
  • Make-or-Buy: Ist ein Fremdbezug günstiger als die eigene Produktion?