Maßgeblichkeitsprinzip

Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz

Das Maßgeblichkeitsprinzip bedeutet, dass die Wertansätze der Handelsbilanz (HB) für die Steuerbilanz (StB) maßgeblich sind, das heißt in die Steuerbilanz übernommen werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Dies gilt jedoch nicht, sofern das Steuerrecht explizit andere Bilanzierungs- bzw. Bewertungsvorschriften (wie zum Beispiel in den § 5 Abs. 2 ff. EStG) vorsieht.

Konkret bedeutet der Maßgeblichkeitsgrundsatz, dass zunächst aus der Buchführung die Handelsbilanz erstellt wird und dann eventuell Anpassungen vorgenommen werden, um daraus die Steuerbilanz – und damit indirekt den zu versteuernden Gewinn – abzuleiten.

Alternative Begriffe: Grundsatz der Maßgeblichkeit, Maßgeblichkeitsgrundsatz, materielle Maßgeblichkeit.

Beispiele

Beispiel 1: Maßgeblichkeit

Ein Speditionsunternehmen kauft einen neuen LKW für 200.000 € und aktiviert diesen im Sachanlagevermögen.

Das Maßgeblichkeitsprinzip besagt, dass dieser Vermögenswert in Höhe von 200.000 € grundsätzlich in die Steuerbilanz übernommen wird.

Beispiel 2: Durchbrechung der Maßgeblichkeit

Das Speditionsunternehmen macht von dem Aktivierungswahlrecht des § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB Gebrauch und aktiviert in seiner Handelsbilanz Entwicklungskosten in Höhe von 1 Mio. € für eine selbsterstellte Logistiksoftware.

Das Maßgeblichkeitsprinzip besagt wiederum, dass dieser Vermögenswert in Höhe von 1 Mio. € grundsätzlich in die Steuerbilanz übernommen wird.

In dem vorliegenden Fall trifft jedoch das Einkommensteuergesetz in § 5 Abs. 2 EStG eine abweichende Regelung, nach der für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur angesetzt werden darf, wenn sie entgeltlich erworben (und nicht wie hier selbsterstellt) wurden — die Maßgeblichkeit wird hier durchbrochen.

Im Ergebnis werden die 1 Mio. € Entwicklungskosten somit in der Handelsbilanz aktiviert, während sie in der Steuerbilanz als Aufwand verbucht werden.

Der Gewinn in der StB ist entsprechend um 1 Mio. € geringer (sofern in der HB noch keine Abschreibungen angefallen sind); die Steuerbelastung mit zum Beispiel Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer wird auf Basis dieses geringeren steuerlichen Gewinns berechnet.

Ergebnis

Wenn es sonst nichts weiter gibt, steht im Ergebnis nach den beiden obigen Geschäftsvorfällen (ohne Berücksichtigung von Abschreibungen) in der Handelsbilanz ein Anlagevermögen bzw. Gesamtvermögen in Höhe von 1,2 Mio. € (LKW 200.000 € und Logistiksoftware 1 Mio. €) und in der Steuerbilanz nur in Höhe von 200.000 € (LKW).

Wenn wir der Einfachheit halber annehmen, dass die Passivseite nur aus Eigenkapital besteht, ist das Eigenkapital in der Steuerbilanz um 1 Mio. € geringer (wie der Gewinn im Jahre der Erstellung der Software).

In den Folgejahren resultieren daraus weitere Unterschiede, da die Software in der Handelsbilanz abgeschrieben wird, in der Steuerbilanz jedoch nicht (dort gibt es die Software als Vermögenswert gar nicht).

Der steuerliche Gewinn wird deshalb in der Folgejahren höher sein als der handelsrechtliche.

Fazit

Das Maßgeblichkeitsprinzip sorgt dafür, dass die Bilanz- und Wertsansätze der Handelsbilanz grundsätzlich für die Steuerbilanz und damit für die steuerliche Gewinnermittlung übernommen werden.

Davon gibt es aber einige wenige Ausnahmen, die dazu führen können, dass der handelsrechtliche und steuerliche Gewinn nicht identisch ausfallen.