Beizulegender Zeitwert

Definition

Der beizulegende Zeitwert kommt als Bewertungsmaßstab in der Bilanz nur in Ausnahmefällen zum Einsatz — Anschaffungkosten und Herstellungskosten sind die "Standard"-Bewertungsmaßstäbe.

Gesetzliche Regelung

Nach § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB entspricht der beizulegende Zeitwert dem Marktpreis (bei einer Aktie zum Beispiel der Börsenkurs).

Kurzbeispiele

Ist der Börsenkurs einer Aktie, die ein Unternehmen in den Wertpapieren des Umlaufvermögens hält, am Bilanzstichtag 100 €, ist das der beizulegende Zeitwert.

Ist der Marktpreis für eine Tonne Weizen am Bilanzstichtag 200 €, ist das der beizulegende Zeitwert.

Sofern kein aktiver Markt besteht, ist der beizulegende Zeitwert mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen (§ 255 Abs. 4 Satz 2 HGB).

Kurzbeispiel

Das kann zum Beispiel GmbH-Geschäftsanteile betreffen: es gibt dafür keinen aktiven Markt (keine Börse); als Bewertungsmethoden kommen Unternehmensbewertungen etwa nach der Ertragswertmethode in Betracht.

Lässt sich auch so kein beizulegender Zeitwert ermitteln, sind gemäß § 255 Abs. 4 Satz 3 HGB die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 253 Abs. 4 HGB fortzuführen (das bedeutet: Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich etwaiger außerplanmäßiger Abschreibungen aufgrund von Wertminderungen).

Dabei gilt der zuletzt anhand des Marktpreises oder eines anerkannten Bewertungsverfahrens ermittelte beizulegende Zeitwert als Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 255 Abs. 4 Satz 4 HGB).

Anwendung

Der beizulegende Zeitwert ist in folgenden Ausnahmefällen für den Jahresabschluss relevant:

  • sofern sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren im Sinne des § 266 Abs. 2 A. III. 5 HGB Wertpapiere des Anlagevermögens bestimmt, sind Rückstellungen dafür zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB);
  • darüber hinaus sind nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zu verrechnende Vermögensgegenstände (zum Beispiel das Deckungsvermögen für Pensionsrückstellungen) mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten (§ 253 Abs. 1 Satz 4 HGB). Das Deckungsvermögen kann etwa in einer Rückdeckungsversicherung oder Fondsanlage bestehen.

Der beizulegende Zeitwert ist also eine Ausnahme der Bewertung und auf wenige Fälle beschränkt; er durchbricht das Anschaffungskostenprinzip, nach welchem die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nie überschritten, aber eventuell unterschritten werden.

Beispiel

Hatte das Deckungsvermögen in Form festverzinslicher Wertpapiere Anschaffungskosten von 1 Mio. € und beträgt der Marktpreis dieser Wertpapiere zu einem Bilanzstichtag 1,2 Mio. €, sind diese 1,2 Mio. € anzusetzen (daraus ergibt sich ein Ertrag von 200.000 €).

Die übliche "vorsichtige" Bewertung zu Anschaffungskosten wird in diesem Ausnahmefall aufgegeben.