Niederstwertprinzip

Niederstwertprinzip Definition

Das Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 und Abs. 4 HGB; kurz: NWP) gilt für die in einer Bilanz ausgewiesenen Vermögensgegenstände bei der Folgebewertung zum Bilanzstichtag und ist die Ursache für außerplanmäßige Abschreibungen.

Niederstwertprinzip Beispiel

Ein Unternehmen erwirbt am 1. Oktober eine Aktie zum Kurs von 100 €. Am Bilanzstichtag 31. Dezember beträgt der Kurs der Aktie lediglich noch 80 €. Das Niederstwertprinzip bedeutet in dem Fall, dass der niedrigere Wert (also 80 €) in der Bilanz anzusetzen ist, so dass es zu einer Abwertung bzw. außerplanmäßigen Abschreibung in Höhe von 20 € kommt.

Je nachdem, unter welchen Bedingungen bzw. für welches Vermögen dies gilt, unterscheidet man

  • strenges Niederstwertprinzip (für das Umlaufvermögen) sowie
  • gemildertes Niederstwertprinzip (für das Anlagevermögen).

Fallen die Gründe für die außerplanmäßige Abschreibung später weg (erholt sich im Beispiel der Aktienwert wieder), gilt das Wertaufholungsgebot des § 253 Abs. 5 HGB — in dem Fall ist eine Zuschreibung geboten.

Strenges Niederstwertprinzip

Für das Umlaufvermögen (z.B. Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Wertpapiere des Umlaufvermögens) gilt das strenge Niederstwertprinzip des § 253 Abs. 4 HGB.

Strenges Niederstwertprinzip: für Umlaufvermögen

Auf das obige Beispiel bezogen bedeutet dies, dass eine (außerplanmäßige) Abschreibung auf den niedrigeren Börsenpreis zwingend vorzunehmen ist, sofern es sich um Wertpapiere des Umlaufvermögens handelt. Dadurch wird der Gewinn belastet.

Beizulegender Zeitwert

Ist ein Börsenkurs bzw. Marktpreis nicht festzustellen, ist auf den sogenannten beizulegenden Zeitwert zum Abschlussstichtag abzuschreiben (§ 253 Abs. 4 Satz 2 HGB).

Beizulegender Wert

Handelt es sich z.B. nicht um Aktien, sondern um GmbH-Geschäftsanteile, gibt es i.d.R. keinen Markt- oder Börsenpreis (da die Anteile nicht an der Börse gehandelt werden).

In dem Fall könnte der beizulegende Wert z.B. durch eine Unternehmensbewertung ermittelt werden.

Wertberichtigungen auf Forderungen in Form von Einzelwertberichtigungen oder Pauschalwertberichtigungen resultieren ebenfalls aus dem strengen Niederstwertprinzip; ebenso Abwertungen des Vorratsbestands z.B. aufgrund veralteter Bestände.

Gemildertes Niederstwertprinzip

Für das Anlagevermögen (z.B. Maschinen, Gebäude) hingegen gilt das gemilderte Niederstwertprinzip des § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB.

Gemildertes Niederstwertprinzip: für das Anlagevermögen

Handelt es sich bei der im obigen Beispiel genannten Aktie um Anlagevermögen, ist eine Abwertung nur dann vorzunehmen, wenn es sich um eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung handelt.

Das ist im Einzelfall teilweise schwer zu beurteilen: wenn der Aktienkurs z.B. aufgrund schlechter Unternehmensnachrichten (z.B. wegbrechende Absatzmärkte) gefallen ist, liegt ggf. eine dauerhafte Wertminderung vor. Bei normalen Kursschwankungen ggf. nicht.

Manchmal ist es auch einfach: Ein PKW, der einen Totalschaden hat, ist dauerhaft im Wert gemindert.

Gesonderte Angabe außerplanmäßiger Abschreibungen

Kapitalgesellschaften müssen nach § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB außerplanmäßige Abschreibungen auf das Anlagevermögen gesondert ausweisen oder – wie es eher üblich ist – im Anhang angeben.

Finanzanlagen

Für Finanzanlagen (z.B. die obige Aktie, falls diese im Anlagevermögen gehalten wird) gilt eine Besonderheit lt. § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB: bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauerhafter Wertminderung vorgenommen werden (in dem Fall sind nach § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB ebenfalls gesonderte Angaben in der GuV oder im Anhang zu machen).

Es handelt sich dabei um ein Wahlrecht.

Wertaufholungsgebot – Zuschreibung

Falls die Gründe für einen niedrigeren Wertansatz – d.h., die Ursachen, die aufgrund des Niederstwertprinzips zu einer außerplanmäßigen Abschreibung geführt haben – zu einem späteren Bilanzstichtag nicht mehr bestehen, verlangt § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB eine Wertaufholung bzw. Zuschreibung.

Beispiel: Wertaufholungsgebot

Erholt sich das o.g. Unternehmen bzw. deren Aktie wieder (z.B. aufgrund neuer Absatzmärkte, einer Überwindung der Krise etc.) z.B. auf einen Aktienkurs von 120 €, muss aufgrund der Zuschreibungspflicht eine Wertaufholung erfolgen.

Die Zuschreibung ist jedoch auf die fortgeführten Anschaffungskosten begrenzt, so dass sie lediglich in Höhe von 20 € vorgenommen wird. Die Aktie steht dann wieder mit den Anschaffungskosten von 100 € in den Büchern.

Fortgeführte Anschaffungskosten

Fortgeführte Anschaffungskosten bedeutet, dass die planmäßigen Abschreibungen fortgeführt werden.

Beispiel: die fortgeführten Anschaffungskosten eines PKW (Anschaffungspreis: 100.000 €) mit 5-jähriger Nutzungsdauer und linearer Abschreibung betragen nach 3 Jahren 40.000 €.

Auf diesen Wert wäre eine Wertaufholung begrenzt.

Im Falle einer Zuschreibung wird eine entsprechende Spalte in den Anlagenspiegel aufgenommen.

Ausnahme: Geschäfts- oder Firmenwert

Lediglich für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert muss der niedrigere Wertansatz beibehalten werden (§ 253 Abs. 5 Satz 2 HGB); es erfolgt also keine Wertaufholung.