Stille Reserven
Stille Reserven Definition
Stille Reserven bezeichnen Werte, die aus der Bilanz mit ihren Buchwerten nicht ersichtlich sind.
Stille Reserven entstehen durch die
- Unterbewertung von Vermögensgegenständen oder die
- Überbewertung von Schulden.
Zum Teil entstehen stille Reserven zwangsläufig durch die Rechnungslegungsvorschriften (zum Beispiel Anschaffungskostenprinzip), zum Teil können sie durch Bilanzpolitik (Ausnutzung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten) bewusst gelegt werden.
Das Gegenstück zu stillen Reserven sind stille Lasten.
Alternative Begriffe: Hidden reserves, Stille Rücklagen.
Beispiele für stille Reserven
Unterbewertung von Aktiva
Bei der Unterbewertung von Aktiva entspricht das in der Bilanz zu Buchwerten ausgewiesene Vermögen nicht dem tatsächlichen Vermögen zu Marktpreisen.
Ursachen sind unter anderem:
-
Anschaffungskosten
Das Anschaffungskostenprinzip verhindert einen Ansatz zu Marktwerten (Beispiel: ein Grundstück steigt im Wert von 1 Mio. € auf 3 Mio. €; die Bilanz zeigt aber weiterhin lediglich die 1 Mio. €); dies kann vor allem auch bei Wertpapieren (steigende Aktien) oder bei (selten in Bilanzen zu findenden) Kunstwerken zu hohen stillen Reserven führen;
-
Kurze Nutzungsdauern
Die für die Abschreibung des Anlagevermögens angesetzten Nutzungsdauern sind zu kurz (Beispiel: ein PKW wird über 6 Jahre abgeschrieben, hat danach aber auch noch einen Restwert);
-
Selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (zum Beispiel vom Unternehmen erstellte Software, entwickelte Patente) werden in Ausübung des Wahlrechts des § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht in der Bilanz aktiviert;
-
Überhöhte Wertberichtigungen auf Forderungen
Auf Kundenforderungen werden überhöhte ("übervorsichtige") Wertberichtigungen (Einzelwertberichtigung bzw. Pauschalwertberichtigung) gebildet.
Überbewertung von Passiva
Bei der Überbewertung von Passiva entsprechen die in der Bilanz zu Buchwerten ausgewiesenen – aus Verbindlichkeiten und Rückstellungen bestehenden – Schulden nicht den tatsächlichen Schulden.
Ursache ist vor allem der:
-
Ansatz überhöhter Rückstellungen
Rückstellungen (zum Beispiel für Prozesskosten oder Gewährleistung) werden zu vorsichtig geschätzt.
Aufdeckung stiller Reserven
Aufgedeckt werden stille Reserven insbesondere dann, wenn der entsprechende unterbewertete Vermögenswert verkauft wird.
Wird zum Beispiel das mit 1 Mio. € in der Bilanz stehende Grundstück für 3 Mio. € verkauft, fällt ein Buchgewinn von 2 Mio. €; dieser erhöht den Jahresüberschuss des Unternehmens (und damit die zu zahlende Steuer).
Stille Reserven aus überbewerteten Rückstellungen hingegen werden aufgelöst, wenn die Rückstellung in Anspruch genommen wird und etwaige Restbeträge als Ertrag aufgelöst werden müssen.
Stille Reserven und stille Selbstfinanzierung
Die Bildung stiller Reserven kann Teil der Unternehmensfinanzierung sein, siehe Stille Selbstfinanzierung.
Stille Lasten
Stille Lasten stellen das Gegenstück zu den stillen Reserven dar.
Das HGB sorgt durch seine Regelungen wie das Realisationsprinzip, das Imparitätsprinzip oder das Niederstwertprinzip dafür, dass stille Lasten kaum auftreten können.
Allerdings kann zum Beispiel das für das Anlagevermögen geltende gemilderte Niederstwertprinzip dazu führen, dass der Buchwert zeitweise über dem tatsächlichen Wert bzw. dem Marktwert liegt, da hier nur dauerhafte Wertminderungen zu einer außerplanmäßigen Abschreibung führen.