Zielkostenrechnung
Zielkostenrechnung
Die auch als Target Costing bezeichnete Zielkostenrechnung verfolgt einen zu den traditionellen Kostenrechnungssystemen entgegengesetzten Ansatz und ist dem Kostenmanagement zuzurechnen.
Während die herkömmlichen Kostenrechnungssysteme die Frage "Was kostet ein Produkt?" beantworten, stellt die Zielkostenrechnung die Frage "Was darf ein Produkt kosten?".
Dazu wird ausgehend vom durchsetzungsfähigen Marktpreis (sog. market-into-company-Ansatz) rückwärts gerechnet (retrograde Kalkulation).
Zudem wird untersucht, welche Komponenten in welchem Umfang zum Kundennutzen beitragen (welche Eigenschaften und Komponenten des Produkts sind dem Kunden wichtig bzw. für welche ist er bereit, zu zahlen?).
Vom erzielbaren Marktpreis wird die beabsichtigte Gewinnmarge abgezogen, als Resultat ergeben sich die zulässigen Kosten (Zielkosten). Dabei betrachtet die Zielkostenrechnung nicht wie die herkömmliche Kostenrechnung einzelne Abrechnungsperioden (Monate, Geschäftsjahre), sondern den gesamten Produktlebenszyklus (bei einem Automodell z.B. ca. 5 bis 7 Jahre).
Alternative Begriffe: target pricing, Zielkostenmanagement.
Zielsetzung des Target Costing
Durch die Betrachtung der maximal zulässigen Kosten soll bereits in der Entwicklungsphase eine Beeinflussung der Kosten (Kostenvorgaben) vorgenommen werden.
Man geht davon aus, dass ein Großteil der Selbstkosten eines Produktes durch Entscheidungen vor der eigentlichen Produktion, d.h. bereits bei der Entwicklung, Konstruktion, der Festlegung der Werkstoffe und Produktionsprozesse determiniert ist.
Beispiel
Die Vorgehensweise bei der Zielkostenrechnung soll an einem stark vereinfachten Beispiel gezeigt werden:
Target Costing Beispiel
Ein Unternehmen plant ein neues Produkt auf den Markt zu bringen: eine Hülle für Tablet-Computer.
Als maximal durchsetzbarer Verkaufspreis werden von der Marketing-Abteilung 10 € ermittelt (Zielpreis).
Das Unternehmen rechnet mit einer Gewinnspanne von 10 %, die Zielkosten (auch allowable costs genannt) betragen somit 9 €.
Mit den bisherigen Herstellungsverfahren und Materialien betragen die Kosten je Hülle jedoch nach Informationen aus der Produktion 12 € (auch als drifting costs bezeichnet). Es müssen somit die Kosten von 12 € auf 9 € reduziert werden.
Das Marketing hat zudem ermittelt, dass den (potentiellen) Kunden nur folgende 2 Aspekte wichtig sind:
Aspekt | Gewichtung in % |
---|---|
Haltbarkeit des Produkts | 60 % |
(leichtes) Gewicht | 40 % |
Die 2 Bestandteile des Produkts (die Hülle selbst und der Verschluss) tragen nach Angaben aus der Entwicklungsabteilung folgendes zur Erfüllung der für die Kunden bedeutenden Kriterien bei:
Haltbarkeit | Gewicht | |
---|---|---|
verwendetes Material | 80 % | 20 % |
Verschluss | 20 % | 80 % |
Die Kostenanteile (von den bisherigen Kosten von 12 €) der 2 Bestandteile des Produkts sind:
Kostenanteil in % | |
---|---|
verwendetes Material | 60 % |
Verschluss | 40 % |
Die Funktionsteilgewichte ergeben sich wie folgt:
Haltbarkeit | Gewicht | Summe | Kostenanteil | Zielkostenindex | |
---|---|---|---|---|---|
verwendetes Material | 48 % | 8 % | 56 % | 60 % | 0,93 |
Verschluss | 12 % | 32 % | 44 % | 40 % | 1,1 |
Beispiel: Funktionsteilgewichte und Zielkostenindex berechnen
Die Gewichtung für die Haltbarkeit beträgt 60 %, die Bedeutung des verwendeten Materials für die Haltbarkeit beträgt 80 %; daraus ergibt sich das Funktionsteilgewicht in Höhe von 48 % (60 % × 80 %).
Der Zielkostenindex von 0,93 für das verwendete Material ergibt sich, indem die Summe der Funktionsteilgewichte in Höhe von 56 % durch den Kostenanteil von 60 % geteilt wird.
Aus dem Zielkostenindex von < 1 wird abgeleitet, dass das verwendete Material im Verhältnis zu seinem Anteil an der Funktionserfüllung zu viel kostet — die Kosten für das Material müssen gesenkt werden.
In dem Fall müssen generell die Kosten in Summe gesenkt werden (von 12 € auf 9 €). Der Verschluss hat aber eine höhere Bedeutung für die Erfüllung der Kundenanforderungen, so dass das Kostensenkungspotential eher beim Material gesucht wird.