Istkaufmann
Definition
Istkaufmann als bedeutendste der 5 Kaufmannsarten ist nach § 1 Abs. 1 HGB, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
Entgegen dem Wortlaut "Handel" sind mit Handelsgewerbe auch Industrieunternehmen und Dienstleistungsbetriebe einschließlich Handwerk gemeint.
Man wird durch die Tätigkeit Kaufmann im Sinne des HGB mit allen Rechten und Pflichten, ob man will oder nicht.
Alternative Begriffe: Ist-Kaufmann, Kaufmann kraft Betätigung.
Voraussetzungen
Ein Handelsgewerbe ist nach § 1 Abs. 2 HGB
- jeder Gewerbebetrieb,
- ausgenommen: das Unternehmen erfordert nach Art und Umfang keinen "in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb" (erfordern bedeutet nicht, dass das auch tatsächlich vorhanden ist).
Gewerbebetrieb
Für die 1. Voraussetzung können wir uns an der Definition des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG orientieren.
Danach ist ein Gewerbebetrieb eine Betätigung mit folgenden Eigenschaften:
- selbständig (nicht als Angestellter),
- nachhaltig (nicht nur einmaliger Verkauf),
- mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen (keine Liebhaberei bzw. kein Hobby),
- unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (Produkte und Leistungen der Allgemeinheit bzw. dem Markt angeboten, nicht nur dem Freundeskreis),
- weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs wie Arzt oder Steuerberater noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen (Landwirte und Freiberufler erfüllen auch die ersten 4 Kriterien, werden aber anders als Gewerbebetriebe behandelt).
In kaufmännischer Weise eingerichtetenrGeschäftsbetrieb
Voraussetzung 2 "kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb" liegt vor, wenn das Unternehmen aufgrund seiner Größe und Komplexität eine kaufmännische Organisation erfordert.
Dazu gehören etwa Lohnabrechnung, Buchführung, Lagerhaltung, umfangreiche Geschäftsbeziehungen und so weiter.
Oft macht man es am Umsatz oder der Mitarbeiterzahl fest, ohne dass es feste Grenzwerte gibt.
Beispiele
Beispiel 1: Schreiner als Istkaufmann
Ein Schreiner mit 10 Mitarbeitern und 1 Mio. € Jahresumsatz benötigt einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (Auftragsverwaltung, Buchführung, Lohnabrechnung und so weiter), betreibt ein Handelsgewerbe und ist damit ein Istkaufmann (man sagt auch: Vollkaufmann).
Beispiel 2: Mobiler Eisverkäufer (Kleingewerbe) kein Istkaufmann
Jemand, der am Strand als mobiler Eisverkäufer unterwegs ist, hat nur ein Kleingewerbe und ist kein Istkaufmann (man bezeichnet ihn dann – nicht sehr nett – als Kleingewerbetreibenden oder Nichtkaufmann).
Kaufmann kraft Betätigung
Beim Istkaufmann kommt die Kaufmannseigenschaft also aus seiner Betätigung, bei anderen Kaufleuten aus der Rechtsform (zum Beispiel eine GmbH als Formkaufmann) oder aus einer freiwilligen Handelsregistereintragung (Kannkaufmann, zum Beispiel wenn sich der mobile Eisverkäufer ins Handelsregister eintragen lässt).
Folgen, Rechte und Pflichten
Ein Istkaufmann unterliegt – wie jeder Kaufmann – dem HGB und hat dadurch bestimmte Rechte und Pflichten.
Der Istkaufmann
- führt eine Firma (Name, unter dem der Kaufmann seine Geschäfte betreibt, zum Beispiel Hermann Huber e.K.) nach § 17 ff. HGB,
- muss sich beim Handelsregister eintragen lassen (§ 29 HGB; das ist allerdings nur "deklaratorisch", man entkommt seinem Schicksal als Istkaufmann also nicht dadurch, dass man sich nicht beim Handelsregister anmeldet),
- kann zum Beispiel Mitarbeitern Prokura oder Handlungsvollmacht erteilen (§§ 48 ff. HGB),
- unterliegt der Buchführungspflicht (§§ 238 ff. HGB), und vieles mehr.
Fazit
Kaufmann ist man nach § 1 HGB mit allen Rechten und Pflichten (ob man will oder nicht), wenn man
- einen Gewerbebetrieb betreibt und dieser
- eine gewisse Größe überschreitet bzw. einiges an Organisation erfordert (sonst hat man zwar einen Gewerbebetrieb, aber nur ein Kleingewerbe und ist kein (Ist-)Kaufmann).
Das zweite Kriterium schützt kleine Händler, Handwerker und so weiter vor den strengen Anforderungen des HGB an Kaufleute.