Realisationsprinzip
Realisationsprinzip Definition
Das Realisationsprinzip ist eines der allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 252 HGB bzw. der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.
Das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB – neben dem Imparitätsprinzip – kodifizierte Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne erst dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (Verluste hingegen sind aufgrund des Imparitätsprinzip bereits dann zu berücksichtigen, wenn sie absehbar sind).
Das Realisationsprinzip bildet einen Ausläufer des für den handelsrechtlichen Jahresabschluss geltenden Vorsichtsprinzips und dient dem Gläubigerschutz. Dadurch können in der Bilanz stille Reserven entstehen.
Die Realisation von Erträgen "im normalen Geschäft", also beim Verkauf der Produkte des Unternehmens erfolgt im Regelfall mit der Lieferung (genauer: mit dem Gefahrenübergang, der von den jeweiligen Lieferbedingungen – zum Beispiel "ab Werk", "frei Haus" und so weiter– abhängig ist), nicht erst mit der Zahlung.
Realisationsprinzip Beispiele
Beispiel 1: Realisationsprinzip bei Umsätzen
Ein Handelsunternehmen kauft und verkauft Tennisschläger. Es hat zum Jahresende 1.000 Tennisschläger eines Typs auf Lager.
Der Einkaufspreis je Tennisschläger beträgt 100 €, der Verkaufspreis 150 €.
Die Vorräte werden zum Bilanzstichtag mit den Anschaffungskosten von 100 € je Stück bewertet (in Summe 100.000 €) und nicht mit dem Verkaufspreis von 150 € je Stück.
Auch wenn die 150 € den (aktuellen) Marktwert darstellen, ist die Differenz eben noch nicht realisiert.
Das in § 253 HGB kodifizierte Anschaffungskostenprinzip ist eine Umsetzung des allgemeinen Realisationsprinzips.
In aller Regel erfolgt die Realisation durch einen Verkauf oder vertragliche Vereinbarungen (zum Beispiel Ansprüche auf Mietzahlungen, Zinsen).
Beispiel 2: Unrealisierte Kursgewinne
Eine GmbH kauft am 1. Oktober 01 1.000 Aktien der A-AG zu einem Kaufpreis von 100 € je Stück.
Die GmbH hält die Aktien im Umlaufvermögen und setzt sie am 1. Oktober 01 mit ihren Anschaffungskosten von insgesamt 100.000 € an.
Am Bilanzstichtag 31. Dezember 01 ist der Kurswert der Aktie auf 300 € gestiegen.
Die Aktien bleiben im Jahresabschluss zum 31. Dezember 01 mit 100.000 € bewertet, da die Kursgewinne nicht durch einen Verkauf der Aktien realisiert wurden.
Das dient dem Gläubigerschutz: Es könnte ja auch sein, dass die Aktien etwa am 2. Januar 02 stark fallen, das Vermögen dadurch sinkt und weniger Sicherheit für etwaige Gläubiger bleibt, als ein Jahresabschluss bei Verbuchung eines nicht realisierten Kursgewinns zeigen würde.
Es wäre hier sehr einfach für die GmbH, die Kursgewinne zu realisieren: sie müsste nur in ihrem Online-Wertpapierdepot auf den Button „Verkaufen“ drücken. Dann würden sie 200.000 € Kursgewinn realisieren und den Jahresüberschuss dadurch erhöhen.
Aber selbst hier, wo die Gewinnrealisierung theoretisch nur einen Klick bzw. wenige Sekunden entfernt ist, greift das strenge Realisationsprinzip.
Realisationsprinzip — Imparitätsprinzip
Siehe für eine weiteres Beispiel: Imparitätsprinzip.